Brief vom 18. Juli
"Heute konnte ich nicht zu Lotten, eine unvermeidliche Gesellschaft hielt mich ab. Was war zu thun. Ich schikte meinen Buben hinaus, nur um einen Menschen um mich zu haben, der ihr heute nahe gekommen wär."
Dieser Satz hat für mich etwas leicht psychopathisches und krankes. Ich meine damit nicht, dass Werther ein Psychopath ist, weil er seiner Lotte niemals Schmerz oder Leid zufügen würde. Trotzdem sind diese zwei Zeilen für mich nicht ganz normal oder nur schwer nachvollziehbar. Vielleicht hat das damit zu tun, dass heute ein ähnliches Bedürfnis, das für mich in diesem Abschnitt nach Vermissen klingt, anders ausgedrückt wird. Vor allem bei uns Jungen.
Brief vom 27. Oktober
"Ich möchte mir oft die Brust zerreissen und das Gehirn einstossen, dass man einander so wenig seyn kann. .... und mit einem ganzen Herzen voll Seligkeit, werd ich den andern nicht beglükken der kalt und kraftlos vor mir steht."
Ein für mich sehr trauriger Abschnitt, der nach mehr als 200 Jahren immer noch zutrifft. Er zeigt wie schon damals einige Menschen sich alleine und nicht gut genug für die Welt fühlten. Jahrhunderte vor uns und vor allem Heute, muss man der Welt mehr bieten als Liebe, Herzlichkeit und Gutmütigkeit. Das alleine reicht schon lange nicht mehr aus.
Die wichtigen Dinge im Leben, nach denen die Menschen eigentlich suchen, geraten in Vergessenheit und nehmen an Bedeutung ab. Glücklicherweise rückt aber dann doch irgendwann das Persöhnliche wieder ins Zentrum des Lebens zurück.
Die Leiden des jungen Werthers. Ein Buch, welches jeder Schüler lesen wird, darf oder gelesen hat.